Das Motto der lernOS Convention 2023

Eine lernOS Convention hat immer ein thematisches Motto, das sich auch im Design der Veranstaltung wiederspiegelt. Nach “The Re-Return of Knowledge Management” im letzten Jahr haben wir uns bei der lernOS Convention 2023 für das Motto “Crafting Learning Environments”. In diesem Blog will ich die Hintergründe zu dieser Wahl kurz erläutern.

Crafting

Crafting bedeutet im Englischen “basteln” und viele von Euch kennen das bestimmt von den Kids, die nicht müde werden, Minecraft zu spielen. In der loscon22 haben wir ja herausgearbeitet, dass Wissensmanagement oder das organisationale Lernen nicht eingeführt werden muss, sondern dass jeder Mensch, jedes Team und jede Organisation immer lernt und mit dem eigenen Wissen umgeht. Die Frage ist, wie systematisch das getan wird und ob es für die eigenen Ansprüche und im Vergleich zum Wettbewerb ausreichend gut ist.

Die Idee des “Workplace Crafting” ist, dass Wissensarbeiter:innen ihre eigene Arbeits- und Lernumgebung gestalten können. Das passt nicht nur gut zum Motto von Karlheinz (“Gebt den Lernenden ihr Lernen zurück!”), sondern auch zu einem Zitat von Management-Vordenker Peter Drucker:

It demands that we impose the responsibility for their productivity on the individual knowledge workers themselves. Knowledge workers have to manage themselves. They have to have autonomy.

Peter Drucker in Management Challenges for the 21st Century

Learning Environments

Jetzt denken bestimmt viele von Euch, dass man selber ja gar kein Einfluss auf die eigene Lern- und Arbeitsumgebung hat, denn die wird ja vom Unternehmen oder der Organisation gestellt. Aber das stimmt nicht, denn innerhalb bestimmter Leitplanken hat man als Wissensarbeiter:in sehr viel Freiheit, Arbeitsprozess und Arbeitsumgebung für sich selbst auszugestalten.

Ein Model, mit dem ich das gerne erkläre ist die Smartphone-Analogie aus dem McKinsey-Artikel Agility, it rhymes with stability aus dem Jahr 2015. Es gibt Bestandteile einer Organisation, die man nicht so leicht austauschen kann. Dazu gehören z.B. die Organisationsstruktur, die Geschäftsprozesse und die Regelungen (Governance). Auf der anderen Seite gibt es wie beim Smartphone Apps, über die wir selber entscheiden können. So versteht sich lernOS, es legt sich wie ein App-Layer über die bestehende Organisation und ergänzt bedarfsgerecht notwendige Lern-Apps in Form von Barcamps, Open Spaces, Communities, Blogs, Podcasts, Sketchnotes, Wikis etc.

Diese Flexibilität bei der Gestaltung von Lernumgebungen ist auch im Kontext der Lernenden Organisation von entscheidender Bedeutung. In lernOS für Organisation greifen wir oft auf den HBR-Artikel Is yours a Learning Organization? von David Garvin und Amy Edmondson aus dem Jahr 2008 zurück. Darin wird eine “Supportive Learning Environment” neben “Concrete learning processes and practices” und “Leadership that reinforces learning” als einer der drei Gestaltungsfelder (Building Blocks) einer Lernenden Organisation genannt.

Supportive learning environments allow time for a pause in the action and encourage thoughtful review of the organization’s processes.

Garvin und Edmondson nennen vier Charakteristiken, die eine lernförderliche Arbeitsumgebung ausmachen:

  1. Psychologische Sicherheit
    Um zu lernen, dürfen Mitarbeiter keine Angst haben, herabgesetzt oder ausgegrenzt zu werden, wenn sie mit Kollegen oder Autoritätspersonen nicht übereinstimmen, naive Fragen stellen, Fehler eingestehen oder einen Minderheitenstandpunkt vertreten. Stattdessen müssen sie sich wohl fühlen, wenn sie ihre Gedanken über die anstehende Arbeit äußern.
  2. Wertschätzung von Unterschieden
    Lernen findet statt, wenn sich die Menschen der gegensätzlichen Ideen bewusst werden. Das Erkennen des Wertes konkurrierender funktionaler Ansichten und alternativer Weltanschauungen steigert Energie und Motivation, regt neues Denken an und verhindert Lethargie und Abdriften.
  3. Offenheit gegenüber neuen Ideen
    Beim Lernen geht es nicht nur darum, Fehler zu korrigieren und Probleme zu lösen. Es geht auch darum, neue Ansätze zu entwickeln. Die Mitarbeiter sollten ermutigt werden, Risiken einzugehen und das Unerprobte und Unbekannte zu erkunden.
  4. Zeit für Reflexion
    Allzu viele Manager werden nach der bloßen Anzahl ihrer Arbeitsstunden und der von ihnen erledigten Aufgaben beurteilt. Wenn Menschen jedoch zu beschäftigt oder durch Fristen und Termindruck überlastet sind, wird ihre Fähigkeit zu analytischem und kreativem Denken beeinträchtigt. Sie sind dann weniger in der Lage, Probleme zu diagnostizieren und aus ihren Erfahrungen zu lernen. Unterstützende Lernumgebungen lassen Zeit für eine Pause im Geschehen und ermutigen zu einer sorgfältigen Überprüfung der Prozesse im Unternehmen.

Zur Lern- und Arbeitsumgebung gehören daneben aber natürlich auch alle Tools und Werkzeuge, die die Organisationsmitglieder für ihre eigenes Lernen nutzen können. Dabei denken viele direkt an E-Learning, Learning Management Systeme (LMS) und Learning Experience Plattformen (LXP). Doch diese Tools spielen in der Praxis von Wissensarbeiter:innen meist eine erstaunlich geringe Rolle. Wie die jährliches Befragung von Jane Hart zu den Top 100 Tools for Learning zeigt, tauchen dort in der Top 10 meist keine davon auf.

Die dort genannten Tools stammen vielfach aus dem Internet und können nicht direkt im Organisationskontext genutzt werden (z.B. Dokumentation von Kundenwissen in der Wikipedia – keine gute Idee 😂). Wir haben aber in unseren Benchlearning Projekten in den letzten zwei Jahren eine Modern Intranet Landscape erabeitet, die zeigt, dass wir die in der Umfrage von Jane genannten Tool-Kategorien auch in einem modernen Intranet haben (sollten). Ist das der Fall, können wir uns daraus unsere eigenen Lern- und Arbeitsumgebungen passgenau “craften”.

Und auch auf individueller Ebene sind das genau die Werkzeuge, die wir Wissensarbeiter:innen im Arbeitsalltag benötigen. Im lernOS für Dich Leitfaden haben wir das z.B. als lernOS Workplace bezeichnet, der Tools entlang des Seek > Sense > Share-Frameworks von Harold Jarche (der auf der loscon22 zu Gast war) kategorisiert.

Voxel-Design

Welches Design könnte besser zum Aufruf passen, sich aus bestehenden Bausteinen die eigene Lernumgebung zu “bausteln”, als eines der Voxel-basierten Computerspiele? Eines der bekanntesten dürfte wahrscheinlich Minecraft sein. Inspiriert durch das Spiel Infiniminer gibt es mit Minetest aber auch eine Open-Source-Variante. Das Design der loscon23 werden wir daher durchgängig in Voxel-Optik halten und natürlich wird es auch wieder für die Kids (und jung gebliebene Erwachsene 😉) einen eigenen Minetest-Server zum spielen craften geben. Damit haben wir ja schon ein bisschen Erfahrung, z.B. die Freizeitpark-Challenge bei der loscon21.

Hier klicken, um den Inhalt von YouTube anzuzeigen.
Erfahre mehr in der Datenschutzerklärung von YouTube.

4 Kommentare zu „Das Motto der lernOS Convention 2023“

  1. Das Crafting Theme ist genial. Und obwohl ich überhautp keine Erfa mit Mindcraften habe, werde ich diesmal wohl nicht um eine intensivere Auseinandersetzung rum kommen. Muss ich mal mit meinen Kids sprechen.

  2. Pingback: Erläuterung des Mottos „Crafting Learning Environments“ | Fortbildung in Bibliotheken

  3. Pingback: Fakten zum Corporate Learning Camp #CLC23 am 16./17. Mai 2023 – Corporate Learning Community

  4. Pingback: 2023 – Ein Rückblick in vier Teilen (und ein kurzer Ausblick) IV – torbenmau.de

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert