Exponentielle Entwicklungen wie bei Corona – warum tun wir uns damit so schwer?

In vielen Bundesländern werden gerade (wie bei uns in Bayern) Ausgangsbeschränkungen verhängt, weil die Ausbreitung des Corona-Virus mit den bisherigen Maßnahmen nicht genug abgebremst werden konnte. Viele Menschen trafen sich trotz Warnungen recht sorglos in Parks, Biergärten und an öffentlichen Plätzen. Scheinbar tut sich immer noch eine große Anzahl von Bürgern schwer, sich eine exponentielle Entwicklung vorstellen zu können (Tipp: den Link zur aktuellen Kurve findet ihr in unserem Wiki COPEDIA).

Quelle:Zeit Online

Das ist auch gar nicht schlimm, denn daran ist auch schon im 13. Jahrhundert ein indischer Herrscher verzweifelt (mehr dazu gleich). Bei einer exponentiellen Entwicklung verdoppelt sich eine Variable in konstanten Zeitabständen (wie aktuell die Corona-Infektionen alle paar Tage). Da wir Menschen in unserer Evolutionsgeschichte nur wenig mit exponentiellem Wachstum konfrontiert waren, sind unsere Gehirne dafür nicht optimiert. Zwei Beispiele:

  1. Sissa Ibn Dahir: als Dank für die Erfindung des Schachspiels hatte Sissa einen Wunsch beim Herrscher frei. Er wünschte sich ein Reiskorn auf dem Eckfeld des Schachbretts und auf jedem weiteren Feld die doppelte Menge. Der Herrscher gewährt amüsiert den Wunsch. Er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass nach 64 Feldern die Gewaltige Menge von 730 Milliarden Tonnen Reis herauskommt.
  2. Moorsches Gesetz: in den 1960er Jahren entdeckte Gordon Moore den Zusammenhang, dass sich alle 12-18 Monate die Anzahl der Transistoren in Schaltkreisen wie beispielsweise Computer-Chips verdoppelt. Damit geht zwangsweise ein exponentielles Wachstum bei Rechenleistung, Speicherkapazität und Übertragungskapazität einher. Trotzdem sind viele Menschen heute überrascht, dass Computer im Go gewinnen, unsere Sprache (teilweise) verstehen und Entscheidungen in Organisationen übernehmen.

Da wir in unserer sog. VUCA-Welt oder etwas einfacher in der digital-vernetzten Wissensgesellschaft des 21. Jahrhunderts immer öfter mit komplexen, vernetzten und exponentiellen Phänomenen zu tun haben werden, empfehle ich euch eines meiner Lieblingsbücher: Die Logik des Mißlingens – Strategisches Denken in komplexen Situationen von Dietrich Dörner.

In diesem Buch zeigt Dörner anhand des Simulationsspiels mit den fiktiven Stämmen der Tupis und der Moros sehr anschaulich auf, wie schlecht unser Kognitionsapparat eigentlich für komplexe, dynamische Situationen geeignet ist und wie wir damit umgehen können (s.a. Spiegel-Artikel Überall Tanakand). Das Buch lese ich alle paar Jahre aufs neue und finde immer wieder spannende Aspekte.

Wer lieber selber ausprobieren statt lesen mag, der kann ja mal den exponentiellen Verlauf desr Corona-Infektionen in Deutschland in der Tabellenkalkulation seiner/ihrer Wahl (z.B. Excel, Calc, Numbers) nachbilden. Man könnte beispielsweise mit dem Parameter der Verdopp,ungsrate herumspielen und den mit den richtigen Zahlen im Dashboard des Robert-Koch-instituts vergleichen. Falls Mathe bei euch schon etwas länger her ist, könnt ihr euch zu den Formeln für das exponentielle Wachstum im YouTube-Kanal von Daniel Jung aufschlauen:

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Wer es etwas statt trockener Mathematik etwas unterhaltsamer und im Management-Stil bevorzugt, dem Empfehle ich das Video Reinventing the Technology of Human Accomplishment mit Gary Hamel, das wir auch 2013 im Management 2.0 MOOC als Fundament für die Themenwochen verwendet haben:

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