Übertragbarkeit von Wissensmanagement-Ansätzen

Mittlerweile tauchen in den Medien immer häufiger Beiträge zu Wissensmanagement auf, wie z.B. in der Wirtschaftswoche 41/2012. Überschrieben mit dem Titel “Mit spitzen Fingern” wird dort von Wissensmanagement-Ansätzen in Beratungen wie Accenture, McKinsey, A.T. Kearney und Boston Consulting Group berichtet. Bei Accenture gibt es beispielsweise eine Microsoft-basierte Plattform Knowledge Exchange (KX), auf der Methodenbeschreibungen, Richtlinien und Brancheninformationen zu finden sind. Neben den Ansätzen zur Wissensdokumentation kommen technische Systeme aber zunehmend auch zum Finden von Experten und zur Wissenskommunikation zum Einsatz (z.B. Profile der Mitarbeiter ähnlich wie bei Facebook). Je nach Wissensstrategie spielen aber auch nicht-technische Methoden eine große Rolle. So hat z.B. McKinsey neben internen Workshops, Trainingsprogrammen und Communities of Practice auch eine eigene Akademie aufgebaut.

Die Kosten für die Wissensmanagement-Aktivitäten sind nach den Personalkosten in Beratungen bereits der zweitgrößte Posten. Für Unternehmen außerhalb der Beratungsbranche kann sich hier die Frage stellen, in wie weit Ansätze aus Unternehmensberatung z.B. in Industriebetriebe übertragbar sind. Beratungen haben eine sehr spezifische Struktur. Die Hierarchien sind meist sehr flach (Juniorberater, Seniorberater, Partner), die Berater sind einen großen Teil ihrer Zeit in Kundenprojekten -oft beim Kunden vor Ort- unterwegs. Daher sehen sich die Mitarbeiter selten. Der Wissensaustausch, speziell die Sozialisierung impliziten Wissens, ist deutlich erschwert. Aus diesem Grund haben Beratungshäuser schon immer einen großen Bedarf der Wissensdokumentation, z.B. in Form von “Wissensdatenbanken” oder Dokument-Bibliotheken. Oftmals wurde die Rolle der Wissensbroker geschaffen, um Berater “im Feld” schnell mit den richtigen Dokumenten versorgen zu können. Generell werden eher Ansätze des projektorientierten Wissensmanagements verfolgt.

In Industriebetrieben sieht die sieht die Situation etwas anders aus. Zunächst einmal ist der Wertschöpfungsprozess kein Beratungsprozess sondern ein stark aufgabenteiliger Produktentwicklungsprozess mit Innovations-, Entwicklungs-, Fertigungs-, Logistik- und Service-Prozess. Obwohl viele Industrieunternehmen global aktiv sind, sind doch oft die wissensintensiven Prozesse wie die Produktentwicklung an einem Ort konzentriert (z.B. Audi in Ingolstadt, Schaeffler in Herzogenaurach). Dadurch wird der Transfer impliziten Wissens deutlich vereinfacht. Es geht vielmehr darum, Wissensflüsse über die Prozesskette hinweg zu gestalten und Schnittstellen zu optimieren. Hier sind eher Asätze des prozessorientierten Wissensmanagements gefragt.

Bei der Übertragung von Wissensmanagement-Ansätzen von einer Branche auf eine andere muss also sehr darauf geachtet werden, welche Rahmenbedingungen in der jeweiligen Branche gültig sind. Ein 1:1-Transfer wird in den meisten Fällen nicht funktionieren.

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